Es ist okay, Angst zu haben

Reportage von

Ich habe mich gefragt: „Wovor hast du eigentlich Angst?“

Sich Ängste einzugestehen braucht viel Mut. Mindestens genauso viel, wie sich ihnen zu stellen.

Hallo, mein Name ist Jette und ich gehe im Juli für ein Schuljahr nach Argentinien. Das auszusprechen, fällt mir nicht immer leicht und noch vor einem Monat ist mir das Herz beim Gedanken an mein Auslandsjahr in die Hose gerutscht. Wieso das jetzt nicht mehr so ist? Ich habe mich gefragt: „Wovor hast du eigentlich Angst?“

Das klingt jetzt so einfach, aber ihr dürftet alle wissen, dass es das Gegenteil davon ist. Sich Ängste einzugestehen braucht viel Mut. Mindestens genauso viel, wie sich ihnen zu stellen.

 

Ich habe Angst vor dem Fliegen. Allein das das könnte jetzt schon der ausschlaggebende Punkt sein, das ganze abzublasen. Ich meine, ich hasse es wirklich. Dieses Gefühl in der Luft zu sein und keine Kontrolle darüber zu haben, was passiert. Selbst wenn ich mich festhalte, kann das Flugzeug abstürzen – das ist unwahrscheinlich, aber möglich.

Was also tun? Keine Ahnung. Ich kann nur hoffen, dass alles gut geht.

Der zweite Punkt sind meine Sprachkenntnisse, die quasi nicht existieren. Ich habe keinen Spanischunterricht in der Schule und bringe mir alles mehr oder weniger selbst bei. Natürlich kann ich da nicht mit anderen mithalten, die Spanisch als zweite Fremdsprache gewählt haben und ich werde wahrscheinlich in der ersten Zeit ziemlich viel Englisch sprechen. Aber meine Gastfamilie weiß das. Ich habe mich mit der Information bei GLS beworben und wurde trotzdem angenommen. Außerdem spreche ich gut Englisch.

Am meisten aber hat mich der Fakt beunruhigt, dass ich Zuhause etwas verpassen werde. Meine Schule probt für ein Musical und ich wollte schon immer bei so einem mitmachen. Vor lauter Ärger darüber, dass ich nicht da bin, konnte ich nicht sehen, was mich im Auslandsjahr erwartet: Eine Gastfamilie, die schon auf mich wartet und ein Land mit wahnsinnig viel Kultur. Musik, Tango, die lateinamerikanische Küche und natürlich die Sprache. Waren das nicht die Gründe, weshalb ich mich bei GLS bewarb?

Damit mir das klar wurde, brauchte es ein ernstes Gespräch mit meiner besten Freundin und eine Bekannte, die mir von ähnlich schwierigen Entscheidungen erzählte. Und plötzlich sah ich es: Ein Auslandsjahr kann so viel mehr geben als nehmen.

Natürlich mag ich das Fliegen dadurch nicht lieber und ich werde auch nicht von heute auf morgen perfekt Spanisch sprechen können. Aber das ist okay. Und es ist auch okay, Angst zu haben. Manchmal sollte man sich dieser aber auch stellen.

Wir sehen uns im Flugzeug! ?